Ein "professioneller" mechanischer Fernseher

Die einfachen Modelle sind zwar schon ganz beachtlich in ihrer Leistung, wirklich zufriedenstellend für den modernen Fernsehzuschauer sind sie aber nicht. Wir sind heute verwöhnt, wir wollen das Bild nicht laufend nachregulieren, das Bild muss hell und kontrastreich sein. Die niedrige Bildauflösung hingegen kann auch ein Vorteil sein, denn durch die geringe Bandbreite sind beispielsweise Anwendungen im Amateurfunk denkbar. Ein Fernsehbild mit nur 32 Zeilen sieht besser aus als man es sich vorstellt, wenn man es mit den 625 Zeilen eines modernen PAL-Fernsehers vergleicht, jedoch muss man an die Anwendung denken! Ein Tennismatch ist sicherlich kein Genuss, aber ein menschliches Portrait ist durchaus gut erkennbar, besonders wenn das Bild sich noch bewegt. Außerdem kann bei der verbesserten Schaltung durchaus die Bildauflösung durch Tausch der Nipkowscheibe oder gar einer anderen mechanischen Bildzerlegung wie einer Spiegelschraube oder Spiegeltrommel die Zeilenzahl stark gesteigert werden. Schon bei 60 Zeilen ist beispielsweise sogar ein Fußballspiel zu erkennen. Die Zeilenzahl hat sich zwar nur verdoppelt, aber die Anzahl der Bildpunkte fast vervierfacht! LEDs sind jedenfalls schnell genug, selbst für theoretische 625 Zeilen! (Dann müsste aber schon die Schaltung verändert werden, außerdem wird das Konstruieren von Nipkowscheiben über 60 Zeilen zum Abenteuer, welches von Amateuren kaum zu schaffen ist.)

Wie ist der verbesserte mechanische Fernseher aufgebaut?

Alle Schaltungen wurden von Mitgliedern der NBTVA entwickelt. Beschrieben sind sie dort auf der Homepage, es gibt im Clubshop fertige Platinen, Nipkowscheiben, sowie anderes schwierig zu beschaffendes Material, wie einige ältere ICs, Linsen, Diffusor, CDs mit Testbildern und Filmen, ein Handbuch, usw. Alles ließe sich auch mit Mitteln von 1928 nachbauen, nur würde das die Sache erheblich verteuern und für Anfänger komplizieren. Die Nutzung moderner Bauteile ist somit ein Kompromiss, den man jedoch gerne eingeht.

Die Elektronik besteht aus 4 (mit Ton 5) einzelnen Schaltungen:

1. Das Bildsignal wird vorverstärkt, und das Synchronsignal wird vom Bildsignal getrennt.
2. Das Bildsignal wird weiter verstärkt, es findet eine Gammakorrekur statt und es wird weitergegeben an
3. die LEDs. Wir verwenden hier ein Feld aus 40 ultrahellen, weißen LEDs, welche das Bild gleichmäßig erhellen sollen.
4. Der Synchronschaltkreis arbeitet mit einer Lichtschranke, welche die Geschwindigkeit des Motors steuert.
5. Der Ton wird über einen separaten Verstärker an einen Lautsprecher weitergeleitet, die Schaltung ist unabhängig vom Rest des Monitors.

Die Mechanik ist eigentlich die gleiche wie bei den primitiven Fernsehern, es kommt wieder ein Motor aus einem Kassettenrekorder zum Einsatz. Die Nipkowscheibe hingegen ist aus einer Kunststoffscheibe mittels Laser ausgeschnitten und gebohrt worden. Außerdem verfügt die Scheibe über Synchronlöcher am Außenrand. Ich setze hier sowohl eine durch einen Bekannten industriell gefertigte Scheibe ein, als auch eine für 8 Pfund im Clubshop der NBTVA gekaufte Scheibe. Wer seine Scheibe selber machen will, hier ist ein PDF der Nipkowscheibe mit Synchronlöchern. Mit dem "Dremel" selbst machen ist möglich, aber es ist sehr viel Fingerspitzengefühl notwendig, damit alle Löcher exakt an der richtigen Stelle sitzen, und vor allem nicht zu groß (0,6 mm per Loch) werden.

Mein Chassis mit montierter Nipkowscheibe sieht so aus:

Auf dem Bild zu erkennen ist ebenfalls auf dem Boden des Chassis eine Doppelsteckdose und ein altes Notebooktrafo. Dieses liefert die benötigten 18 Volt für die LEDs, in die andere freie Steckdose kommt ein kleiner Trafo für die 12 Volt für den Synchronschaltkreis und den Audio-Verstärker.

Der Vorverstärker

In die vorgefertigte Platine müssen nur noch Löcher gebohrt werden (was mit dem Dremel sehr einfach ging, der Bohrer rutscht praktisch von selbst in die vorgeätzten Löcher), und die Bauteile nach Anleitung eingelötet werden. Der Zusammenbau ist problemlos, sicherheitshalber habe ich dennoch die größeren ICs gesockelt.

Der Bildverstärker

Der Zusammenbau erfolgt genauso problemlos wie bei dem Vorverstärker. Heimtückisch ist die Drahtbrücke unter einem der ICs, den Bestückungsplan daher gründlich vorher lesen, das erspart Ärger! Der Kondensator 1,8 uF ist praktisch nicht mehr erhältlich. Glücklicherweise hat Klaas Robers beim Designen der Platine mehrere Bohrlöcher für diesen Fall vorgesehen, man kann einfach zwei Kondensatoren, beispielsweise 1 uF und 0,82 uF parallel einbauen. (Wie auf dem Bild zu sehen). Am besten schraubt man auch gleich einen fetten Kühlkörper auf den Mosfet Transistor.

Das LED-Feld

Der Bildverstärker ist ausgelegt, die Originalschaltung in einem "echt alten" Fernseher von Baird zu ersetzen, das heißt er kann mit Spannungen bis zu 90 Volt umgehen. Das ist aber nicht jedermanns Sache, zumal bei einer entsprechenden Serienschaltung von LEDs die Stromstärke auch ein bedenkliches Ausmaß annimmt. Auch so brauchen 40 bis 48 LEDs einiges an "Saft". Ich habe daher geschaut, was ich zur Verfügung habe. Alte Notebooknetzteile bieten sich an. Diese haben oftmals bis zu 3 Ampere bei fast 20 Volt, und es gibt sie auf jedem Flohmarkt für wenig Geld. Ein neues Netzteil dieser Stärke ist teuer! Also muss ich das Array von 48 LEDs aufsplitten in Reihen von jeweils 6 LEDs, was der Leistung meines Netzteils entspricht. Dies zu berechnen ist sehr einfach: Die Datenblätter der LED-Hersteller beinhalten alle Angaben in Volt und mA, viele Webseiten wie zum Beispiel die von www.led-shop.de, einem Laden in Moers, die nötigen Angaben, außerdem werden dort automatisch die nötigen Widerstände ermittelt, welche unbedingt den LEDs vorzuschalten sind!!

Man sollte unbedingt die hellsten LEDs nehmen, die man finden kann! Gemessen wird die Helligkeit in MCD. Normale weiße LEDs haben etwa 2000 MCD, hellere 9000 MCD oder 10.000 MCD. Dies reicht keineswegs aus!! Selbst qualitativ hochwertige LEDs von Nichia haben oft nur 22.000 MCD, was zwar sehr hell ist, für unsere Zwecke aber noch immer wenig ist. Die Löcher in der der Nipkowscheibe lassen nur 0,01 Prozent des Lichtes durch, daher je heller, desto besser. Wirklich helle LEDs haben 40.000 MCD. Ich habe über ein Clubmitglied LEDs mit 55.000 MCD bekommen, diese stammen wiederum von einem Onlinehändler aus Hongkong. Der Unterschied ist ganz erheblich: Musste ich bei 20.000 MCD LED von Nichia noch das Zimmer leicht abdunkeln, ist nun die Bildhelligkeit fast mit einem gekauften Schwarzweißfernseher vergleichbar.

Für moderne Luxeon-LEDs sieht allerdings die Verstärkerschaltung anders aus, also vorerst nicht nehmen, es sei denn man weiß was man tut. Funktionieren tut es, nur halt nicht ohne die Schaltung hier zu modifizieren.

Das fertige Array sollte man zunächst am Netzteil testen.

Vorsicht! Es ist wirklich gleißend hell! Man kann mit 48 LEDs ein Zimmer beleuchten! Also nicht direkt in das Licht schauen. Ich habe es gemacht um zu sehen, ob alle LEDs leuchten, und meine Augen brauchten eine Viertelstunde, um sich wieder an das normale Licht zu gewöhnen! Gesund ist so etwas nicht, bleibende Schäden können die Folge sein. Eine Schweißerbrille wäre die vernünftigere Lösung!

Theoretisch müssen abhängig von dem LED Array auf im Videoverstärker einige Widerstände angepasst werden. In der Praxis liegen die Unterschiede innerhalb der Toleranzgrenzen der Widerstände, ein Unterschied ist nicht feststellbar mit angepassten Widerständen.

Hier mein Array von hinten, sieht schon abenteuerlich aus, auf Lochrasterplatine gebaut.

Von vorne sieht es so aus. Man erkennt schwach noch links von den LEDs die jeweiligen Widerstände.

Vor den LEDs habe ich zwei Schichten Diffusorfolie installiert. Im Experiment hat es sich gezeigt, dass diese Anordnung die beste Lichtverteilung ergibt.

Ein erster Testlauf

Vor dem kompletten Zusammenbau empfiehlt sich nun ein erster Testlauf: Separatorschaltkreis, Videoverstärker, LEDs und Stromversorgung (der Videoverstärker bekommt ebenfalls 17 Volt wie die LEDs, der Vorverstärker bekommt seine 12 Volt Strom über den Videoverstärker, ein extra Netzteil ist nicht erforderlich) werden verbunden. Der Motor wird provisorisch mit einer Stromquelle und einem 10 kOhm Poti verbunden, damit kann der Motor manuell synchronisiert werden. Wenn alles richtig gemacht wurde, sollte nun ein erstes Bild zu sehen sein. Dieses wird freilich nicht gehalten, da der Motor ja noch nicht synchronisiert ist. Wenn der Poti alleine nicht ausreicht, kann man die Scheibe auch vorsichtig mit dem Finger abbremsen.

Sieht chaotischer aus als es ist. Rechts der Synchronschaltkreis, noch nicht komplett angeschlossen. In der Mitte, vor dem Motor der Vorversärker und Synchronseparator, links vor den LEDs der Videoverstärker. Nicht im Bild: Der Audioverstärker. Die ganzen Kabel sind noch nicht sauber verlegt, dabei ist es eigentlich ganz einfach: Strom von den Trafos zu den LEDs, zum Videotreiber und für den Synchronschaltkreis. Dann sind die Platinen untereinander verbunden, außerdem muss das Bildsignal von der Buchse unten zum Vorverstärker. Und zuletzt noch jeweils drei Leitungen zu den Potis auf der unteren Vorderseite des Gerätes.

Der Synchronschaltkreis

Jetzt wird es komplizierter, denn es gibt keine vorgefertigte Platine. Aus einem guten Grund, denn es gibt auch keinen "perfekten" Schaltkreis. Was bei dem einen Super funktioniert, macht bei dem anderen Probleme. Manche machen es sehr kompliziert, woanders reichen ein paar Bausteine. Da keiner einen wirklich guten Rat geben konnte, habe ich mich auf den Schaltkreis aus dem NBTV-Handbuch gestützt, der oftmals recht gut läuft:

Nicht so kompliziert, daher ist auch ein Zusammenbau auf einer Lochrasterplatine machbar.

 

Achtung!! Im alten Handbuch, und noch immer auf der Homepage der NBTVA ist ein Abbild des PCBs zum ätzen einer passenden Platine abgedruckt. Diese Platine wurde habe ich geätzt und ausprobiert, es funktioniert nicht! Wie es sich herausstellte, sind die Anschlüsse des MOSFET-Transistors vertauscht! (Vgl. Schaltplan!) Außerdem ist die Platine nicht maßstabsgetreu, der IC passt nur mittels Sockel, nachdem dieser etwas verbogen wurde, in die Platine! Ich habe die Zeichnung daher von dieser Seite entfernt. Eine neue Version des Handbuchs ist bereits erscheinen, ohne diesen Fehler, über den offenbar schon mehrere gestolpert sind. Inzwischen gibt es über den Clubshop eine neue, fertige Platine zu kaufen, die auch problemlos funktioniert!

Böse Falle ist der IC 4046! Längst nicht jeder Ersatztyp ist den Belastungen gewachsen! Ich habe hier keinen passenden Ersatztyp erhalten, aber im Clubshop sind sie noch erhältlich. Eine Alternative wäre es, die Schaltung mit nur 6 Volt zu betreiben, wie es in dem Bausatz der Fall ist. Ich habe den Synchronschaltkreis nachgebaut, er funktioniert bei mir sehr viel besser als der oben beschriebene Schaltkreis. Eine Beschreibung findet sich im NBTV-Forum.

Als Optokoppler kommen bei mir eine Infrarotdiode nebst passendem Empfänger zum Einsatz, dadurch gibt es weniger Störungen mit dem LED-array. Außerdem ist es weise, die Lichtschranke auf der entgegengesetzten Seite aufzubauen, nicht gerade neben dem Bild. Ich habe lange gerätselt, warum der Schaltkreis bei mir nicht funktionierte. Die notwendige Umdrehungszahl wurde bei weitem überschritten. Nach vielen Experimenten mit Widerständen usw. habe ich kurzerhand die Stromversorgung des Synchronschaltkreises auf 7,5 Volt (Netzteil) reduziert. Jetzt läuft es.

Trotzdem bin ich derzeit mit der Schaltung nicht zufrieden, Ersatz kommt in Form des neues "Clubschaltkreises" hoffentlich in sehr naher Zukunft, die Bestellung ist bereits aufgegeben. Zwei Ergänzungen sind in Vorbereitung, aber noch nicht angeschlossen: Auf der Vorderseite ist ein Tastschalter, mit dem ich die Stromzufuhr zum Synchron für die Dauer des Tastendrucks unterbrechen kann. Dies ist gedacht als "manuelle Hilfe" für den Bildfang. Ferner befindet sich auf der Vorderseite ein eigentlich überflüssiges Voltmeter. Dieses wollte ich noch beim Motor zwischenschalten, um zu messen bei welcher Voltzahl die richtige Umdrehungsgeschwindigkeit erreicht wird. Im Grunde erfüllt damit das Voltmeter nur die Aufgabe einer "Powerlampe". Aber sieht schicker aus! ;-)

Das fertige Gerät

Für den Audioverstärker habe ich wieder einen einfachen Bausatz zusammengelötet, den Lautsprecher hatte ich irgendwo ausgebaut. Was wäre ein Fernseher ohne Ton? Die Drehknöpfe sind historisch, ich habe sie auf einer Radiobörse für wenig Geld gekauft.

Und so sieht es fertig montiert und geschlossen aus: